Der große Bruder schaut dich an

logo_grosser_bruder.jpgDatenschutz-Verletzung kein Einzelfall

Anscheinend betrachten viele Unternehmensleitungen Datenschutz-Verletzungen zulasten ihrer Beschäftigten als Kavaliersdelikt. Einer repräsentativen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung zufolge, verstieß zwischen 2006 und 2009 jedes 7. Privatunternehmen gegen datenrechtliche Vorschriften. Zumeist sind einzelne Personen oder kleinere Gruppen betroffen, aber in 20% der Fälle ist die gesamte Belegschaft im Visier. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen, denn es wurden nur Privatfirmen, und nur solche mit Betriebsrat, untersucht; zudem erhalten Betriebsratsmitglieder nicht von jedem Verstoß Kenntnis.

Tendenziell, so die Forscher, steige die Wahrscheinlichkeit derartiger Rechtsverstöße mit der Betriebsgröße: eine Folge „abstrakter, datenförmiger Durchdringung des Betriebs“. Ein Zusammenhang wurde auch festgestellt zwischen Datenschutzproblemen und betrieblichen Krisen- und Konfliktsituationen – welcher Faktor ursächlich sei, bliebe unklar. Denkbar sei einerseits, dass Konflikte das Problembewusstsein schärfen, andererseits könnten die Verstöße auch ein Kampfmittel des Managements sein. (AE)

 

Innenminister drängen auf Vorratsdatenspeicherung

Die Innenminister von Bund und Ländern drängen auf die Wiedereinführung der Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten für sechs Monate. Innenminister Thomas de Maizière machte sich dabei der jüngsten Terrorwarnungen in Deutschland zunutze, um Druck auf das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auszuüben. Dieses hatte erst im März 2010 die bis dahin praktizierte Vorratsdatenspeicherung als rechtlich nicht zulässig untersagt.

Auch dem aktuellen Vorstoß durch de Maizière und Co. erteilte das Gericht eine Absage. Man wolle abwarten, was mit der EU-Richtlinie geschieht, nach der die Daten gespeichert werden müssen, so die Karlsruher RichterInnen. Die Gesetzesinitiative der Innenminister sei reiner „Aktionismus“. (AL)

 

Der Staat hört öfter mit

Im Jahr 2009 hat, wie eine neue Statistik des Bundesamtes für Justiz offenlegt, die Telekommunikationsüberwachung in der BRD zugenommen. Insgesamt seien 20.358 Anschlüsse abgehört worden. Dies stellt eine Zunahme von 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr dar, in dem weniger als 16.500 Anschlüsse abgehört wurden. Neben diesen Genehmigungen erteilten die RichterInnen weitere 15.707 Genehmigungen zur Erfassung von sogenannten Verkehrsdaten wie etwa der Standorte von Mobiltelefonen (2008: 13.426). Meistens soll es sich um Fälle von Drogenverfahren handeln, gefolgt von Raub und Erpressung sowie Bandendiebstahl.

Die Genauigkeit der aus Telefonüberwachung gewonnen Daten ist allerdings zweifelhaft, wie ein aktueller Banden-Prozess in Waldshut (Baden-Württemberg) zeigt. In diesem Prozess wegen Schmuggels und Handels mit Betäubungsmitteln musste der Richter protokollarisch festhalten, dass im Verfahren verschiedene Versionen von Telefonüberwachungsprotokollen vorgelegt wurden, die in mehreren Punkten voneinander abweichen. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer Nachbearbeitung. Zudem zweifelt die Verteidigung die Qualität und Aussagekraft der Protokollübersetzungen an. (HM)

 

Drohneneinsatz bei Castorprotesten

Dass die Polizei Videoaufzeichnungen von Demonstrationen machen, ist bekannt, wenn auch nicht immer rechtens (DA berichtete). Offiziellen Angaben zufolge, verfolgt dies den Zweck der Luftaufklärung, Einsatzführung, Beweissicherung und Dokumentation.

Verstärkung bekommt die Polizei zukünftig durch einen unbemannten Mini-Hubschrauber.

Wie unmittelbar nach den Castorprotesten im November bekannt geworden ist, kam es dort bereits zum ersten „echten Einsatz“ der Polizei-Drohne, wie es Ministeriumssprecher Klaus Engemann formulierte. Die Drohne verfügt über eine Tageslichtkamera und eine Dämmerungskamera. Bilder können in Echtzeit an die Bodenstationen vor Ort übertragen und aufgezeichnet werden. Durch Vergrößerung lassen sich so auch Porträtaufnahmen anfertigen, was rechtlich heikel ist, insofern keine konkreten Hinweise auf Straftaten vorliegen. Ebenfalls rechtlich bedenklich ist das durch Drohneneinsätze kaum zu verhindernde Filmen in Wohnhäuser, was ein empfindliches Eindringen in die Privatsphäre der Betroffenen bedeutet.

Das Innenministerium in Hannover verteidigte den Drohneneinsatz hingegen als rechtmäßig. (AL)

 

HSH Nordbank: … Pack schlägt sich

Die landeseigene Bank im Norden, HSH Nord, konnte in den letzten Monaten der medialen Aufmerksamkeit sicher sein. Unter anderem soll sie mittels Werkvertrag mit der „Sicherheitsfirma“ Prevent AG eine Art unternehmenseigenen Geheimdienst unterhalten haben (DA berichtete).

Nun verklagt Prevent die HSH Nord, wie die Süddeutsche berichtete, auf Erstattung nicht beglichener Kosten von 800.000 Euro. Die Bank selbst erstattete Anzeige, gegen Unbekannt, wegen Untreue und Bestechung. Hintergrund ist der Verdacht, dass die privaten Schlapphüte die türkische Justiz bestochen haben, um der HSH Nord im Rechtsstreit mit einer dortigen Reederei zu unterstützen – und der Bankvorstand soll davon gewusst haben. Die Süddeutsche zitierte einen schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten mit den Worten: „Man kann langsam den Eindruck gewinnen, es war eine kriminelle Vereinigung am Werk.“ (AE)

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