Struggle

struggle_200px.gifBangladesh: Proteste zur Durchsetzung des Textil-Mindestlohns

Seit Mitte Dezember protestieren tausende ArbeiterInnen, um die Einführung des im Juli beschlossenen Mindestlohns zu erzwingen. In Dhaka und Chittagong wurden Fabriken angriffen, Autos in Brand gesetzt und eine Autobahn blockiert. Während Auseinandersetzungen mit der Polizei kamen drei Protestierende ums Leben, über 180 wurden verletzt. Zudem wurden 1.200 Haftbefehle ausgestellt, und zahlreiche GewerkschafterInnen sind aus Furcht vor Repressalien untergetaucht. Im Falle einer Verhaftung droht ihnen Folter. So musste die vor kurzem verhaftete Gewerkschaftssekretärin Moshefa Mishu nach ihrer Vernehmung durch die Polizei ins Krankenhaus eingewiesen werden.

Auslöser der Proteste ist die Missachtung des Mindestlohns, der zum 1. November erhöht werden sollte. Dieser war im Juli 2010, nach heftigen Gewerkschaftsprotesten, von 1.662 Taka für die niedrigste Lohngruppe (ca. 16,60 Euro) auf 3.000 Taka erhöht worden. Die Erhöhung war überfällig, da das Gesetz eine Neuberechnung alle drei Jahre vorschreibt und die Lebenshaltungskosten seit der letzten Anpassung im Jahr 2006 drastisch gestiegen waren. Deshalb hatten die Gewerkschaften eine Erhöhung des Mindestlohnes auf 5.000 Taka gefordert, am Ende jedoch dem Kompromiss weitgehend zugestimmt. Allerdings wird bislang in rund 25% der Betriebe nicht einmal der 2006 beschlossene Mindestlohn eingehalten.

Die Textilindustrie ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Bangladesch, in dem mehr als drei Mio. Menschen, v.a. Frauen, beschäftigt sind und rund 80% der Devisen des Landes erwirtschaftet werden. Abnehmer der Waren sind insbes. westliche Konzerne, wie H&M, Levis, WalMart, Tesco oder Kik. Leidtragende sind die ArbeiterInnen der Sweatshops, die unter unbezahlten Überstunden, Hungerlöhnen, Repression gegen GewerkschafterInnen und Missachtung der elementarsten Sicherheitsvorkehrungen in den Fabriken leiden. Erst im Februar 2010 waren infolgedessen bei einem Brand in der Garib&Garib-Fabrik in Dhaka 22 ArbeiterInnen um Leben gekommen und über 50 verletzt worden. Obwohl in Bangladesch formell Gewerkschaftsfreiheit herrscht, ist es wegen der Repression durch die Textilunternehmen und den Staat sehr schwer, sich im Betrieb zu organisieren. Seit Beginn der Protestwelle im Juli 2010 wurden über 5.000 gekündigt und viele GewerkschafterInnen immer wieder bedroht, verfolgt und verhaftet.

 

Ukraine: Wilder Streik auf UEFA-Baustelle

Im Jahr 2012 soll die UEFA-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine stattfinden. Dazu werden im Moment unter Hochdruck Sportstätten gebaut und erweitert. So auch in der siebtgrößten Stadt der Ukraine, Lviv. Auf einer dieser Baustellen kam es Ende November zu einem wilden Streik, in dessen Verlauf rund 100 Bauarbeiter in den Ausstand traten. Die Firma Comfortbud, bei der sie beschäftigt waren, hatte ihnen seit drei Monaten keine Löhne mehr bezahlt. Zuvor hatte es massiven Druck und Kündigungsdrohungen für den Streikfall gegeben. Dennoch beteiligten sich viele Kollegen. Der Versuch, Streikposten vor dem Gelände zu beziehen, wurde von der Security verhindert, die die Streikenden am Verlassen des Geländes hinderte. Der säumige Boss von Comfortbud erklärte gegenüber der Presse, er werde „auf seiner Baustelle“ niemals Streikposten zulassen. Kurz darauf verkündete er, dass alle Arbeiter am 30. November ihre Löhne erhalten würden. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass die Firma leere Versprechungen macht.

 

Kanada: Farmarbeiter streiken wegen ausstehender Löhne

Lohnraub steht nicht nur in der Ukraine auf der Tagesordnung, sondern auch in Kanada. Das zeigte sich Ende November, als über 100 LandarbeiterInnen, die bei der Firma Ghesquiere Plants Ltd. in Simcoe (Ontario) beschäftigt sind, einen wilden Streik begannen. Die Firma schuldet den ArbeiterInnen Löhne von bis zu 6.000 Dollar. Statt die Löhne auszuzahlen, setzte die Firma die Beschäftigten vor die Tür, schmiss sie aus ihren Unterkünften und kündigte an, dass die Streikenden abgeschoben würden. Fast alle stammen aus Mexiko, Jamaika, Trinidad & Tobago und sind über Saisonarbeitsverträge beschäftigt. AktivistInnen und Graswurzelgruppen wie „Justice for Migrant Workers“ haben den Fall öffentlich gemacht und eine Diskussion darüber erzwungen, dass in Kanada viele migrantische ArbeiterInnen schuften müssen, ohne irgendwelche Rechte zur Durchsetzung ihrer Löhne zu haben.

 

Vietnam: Erneut Streik in der Bekleidungsindustrie

Ende Oktober kam es zu einem mehr als einwöchigen wilden Streik von über 2.000 ArbeiterInnen in der Samil Tong Sang Company. Die Firma gehört südkoreanischen Investoren und stellt Schuhe für den Weltmarkt her. Wie in Vietnam üblich, schaltete sich die Staatsgewerkschaft direkt nach Ausbruch des Streiks in den Konflikt ein und versuchte, zwischen Management und Streikenden zu vermitteln. Gleichzeitig versuchte die Firma, massiven Druck auf ArbeiterInnen auszuüben, die sie meinte, als „Rädelsführer“ identifiziert zu haben. Normalerweise kommt es bei solchen wilden Streiks (alleine im ersten Quartal 2010 gab es nach der geschönten offiziellen Statistik 86 wilde Streiks in Vietnam) innerhalb kürzester Zeit zu einer Einigung. Nicht jedoch im Falle der Samil Tong Sang Company. Ein Gewerkschaftsführer beklagte, die Streikenden hätten sich zunächst nicht einigen können, wie viel Lohnerhöhung sie fordern sollten. Schließlich habe man eine Erhöhung von rund acht Euro pro Monat verlangt, was die Firma abgelehnt habe, weil sie nach eigenen Aussagen mit rund 85 Euro pro Monat schon zehn Prozent mehr bezahle, als es der gesetzliche Mindestlohn in der „Sozialistischen Republik Vietnam“ verlangt.

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