Editorial

Wie immer bringt auch dieses neue Jahr Neues – ein Wesenszug, wie’s scheint. So wird eure Gewerkschaftszeitung ihr Konzept etwas anreichern: Die Direkte Aktion lädt nun regelmäßig zu einer „Release-Veranstaltung“, die euch Gelegenheit gibt, eingehend mit AutorInnen und FAU-Mitgliedern zu diskutieren. Zunächst in Berlin, hoffentlich auch bald vielerorts.

Das neue Jahr verspricht auch einige Volten und Pirouetten im großen Theater der politischen Ökonomie. Etwa eine Kehrtwende in der „Griechenland-Frage“, die bereits vor zwölf Monaten gespielt worden war. Sie führte zur „Euro-Krise“ und war EU-weit Startschuss für drastische und durchaus reale Kürzungsprogramme. Andernfalls hätte der Staatsbankrott gedroht … und was das bedeutet, zeigt jede Milchmädchenrechnung im Kaufmannsladen aus Kindertagen. Die Pleite musste abgewendet, die Opfer müssen gebracht werden. Eine große, ganz griechische Tragödie! Ein Orakel der FTD kündete nun zur Jahreswende, die „Märkte stellen sich auf Umschuldung der Griechen ein“ – das wäre „die faktische Staatspleite“. Warum die nun sogar ganz „wünschenswert“ ist, nachdem die Regierungsmaßnahmen durch sind, werden wir im Laufe des Jahres der Presse entnehmen können. Der Kurs „Volkswirtschaft für Fortgeschrittene“ geht also weiter.

Außerdem können wir uns einstellen auf die erste EU-weite Volkszählung („Zensus 2011“), die im Frühjahr abgeschlossen sein soll. Befragt werden soll dabei nur eine Minderheit, das Gros der Daten besorgen sich die Behörden selbst aus ihren Datenbanken – die damit wohl zweckentfremdet werden. Aufregen wird sich da kaum jemand. Wie es um die Tarifpluralität bestellt ist, die ja aufgrund jahrzehntelanger Lethargie auch nur eine Minderheit betrifft, ist ebenso fraglich: Sollte die Bundesregierung „die Tarifeinheit“ erstmals gesetzlich vorschreiben und Gewerkschaftsrechte weiter einschränken, wie groß wird die Aufregung sein? Spätestens die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst der Länder werden Anlass geben zum nächsten Schlagabtausch in diesem Stück.

Zuguterletzt wird 2011 nicht nur Landtagswahljahr, sondern ist auch an runden Jahrestagen nicht arm, wie das ND berichtet. Gedenken und Nachdenken, Einhalten und Handeln gingen schon immer am besten Hand in Hand: 140 Jahre Pariser Kommune, 125 Jahre Haymarket-Tragödie, 90 Jahre Kronstadt, 75 Jahre Spanische Revolution, 55 Jahre Aufstand in Ungarn, 50 Jahre Berliner Mauer, 30 Jahre Ausnahmezustand gegen Solidarnosć, 30 Jahre Personal Computer, 25 Jahre Tschernobyl, 20 Jahre Europäische Union, 20 Jahre Internet, 10 Jahre „War on Terror“.

André Eisenstein, Redaktion „Globales“

Schreibe einen Kommentar