Editorial

Zurzeit ist ja wieder viel los in den Städten der Welt. Und zumindest medial scheint es so, als ob sich mittlerweile alle großen Bewegungen explizit auf die Stadt oder zumindest auf einen ihrer Plätze beziehen. Oppositionelle besetzten den Taksim-Platz in Istanbul, in Rio de Janeiro ist aus den Demonstrationen gegen Fahrpreiserhöhungen der städtischen Busse eine Protestbewegung entstanden und irgendwie scheint es als hätte die ägyptische Revolution ausschließlich auf dem Tahrir-Platz stattgefunden. Auch in Deutschland sind es nicht nur grünkonservative „WutbürgerInnen“, die gegen ein gigantisches Bauprojekt und für alte Parkbäume zum ersten Mal auf die Straße gehen, sondern auch illegalisierte Flüchtlinge, die offensiv Plätze besetzen, um gegen ihre prekäre Situation zu kämpfen.

Quelle: ttfreiburg.de

Und wahrscheinlich wird das so weiter gehen. Nicht nur, weil mittlerweile weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land leben, sondern auch weil in den Städten viele Widersprüche des Kapitalismus aufeinandertreffen.

Als Redaktion „Betrieb und Gesellschaft“ hat uns natürlich die Frage beschäftigt, ob diese Kämpfe auch einen gewerkschaftlichen Charakter haben, vielleicht sogar einen syndikalistischen? Oder lenken diese „Lifestyle“-Kämpfe von den sowieso viel zu sehr vernachlässigten Kämpfen in den Betrieben ab? Darum beschäftigt sich auch der Leitartikel auf Seite 1 mit dem Zusammenspiel der Kämpfe in Fabrik und Stadt.

Außerdem wollten wir euch noch ein positives Bild mitgeben. Eine Utopie wie denn eine syndikalistische Stadt aussehen könnte. Die derzeit stattfindenden Kämpfe versuchen ja meist konkrete (neoliberale) Umgestaltungen der Stadt zu verhindern. Leider haben wir auf der Suche nach dem ganz großen Entwurf für eine „Stadt für alle“ nichts gefunden was über Phrasen wie dezentral, ökologisch, selbstverwaltet, … hinausgeht. Aber das muss ja kein Manko dieser Bewegungen sein. Im Gegenteil, dass sich auch mit kleinen Schritten der Syndikalismus, sozusagen auf Sicht, umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel der NachbarInnen-Netzwerke in Dresden Löbtau auf Seite 4.

Viel Spaß beim Lesen,

Eure Redaktion „Betrieb und Gesellschaft“

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