Seit dem 1. Januar 2010 ist das elektronische Entgeltnachweis-Verfahren mit dem harmlos klingenden Namen ELENA in Kraft. Die rot-grüne Regierung initiierte 2003 dieses „Aktionsprogramm Informationsgesellschaft 2006“ unter der Mitarbeit von Peter Hartz und in Zusammenarbeit mit dem Bund der Arbeitgeber (BdA); offiziell, um Bürokratie abzubauen und die Papierflut zwischen Ämtern und Unternehmen zu verringern. Der Starttermin wurde mehrmals verschoben, bis man sich auf 2012 einigen konnte. Damit dann auch genügend Daten zur Verfügung stehen, hat im Januar diesen Jahres die Datenerfassung begonnen. Was vorher getrennt verwaltet wurde, soll nun eins werden.
Von ELENA sind alle abhängig Beschäftigten betroffen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, insgesamt ca. 40 Millionen Menschen. Erfasst werden alle relevanten Daten, nämlich Name, Geburtsdatum, Adresse, Versicherungsnummer, Steuerklasse, Einkommenshöhe, vermögenswirksame Leistungen, Religionszugehörigkeit, Anzahl der Kinder, ledig, verheiratet, geschieden, Urlaubstage, Krankenzeiten, Einstellungsbeginn, Ende der Beschäftigung, Entlassungsgründe, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Fahrtkostenzuschüsse, Höhe der Lohn- und Kirchensteuer, Krankenkassen-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Diese werden in einer Zentralen Speicherstelle (ZSS) in der Deutschen Rentenanstalt in Würzburg zusammengeführt. Zugriff auf die Daten haben die jeweiligen Behörden, z.B. die Justizbehörden bei Scheidungen, um den Unterhalt zu berechnen, oder die Arbeitsagentur bei Arbeitslosigkeit. Angeblich würden Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger damit auch schneller Leistungen ausgezahlt bekommen.
Für den Anfang wird ELENA für Arbeitsbescheinigungen (§312 SGB III), Nebeneinkommensbescheinigungen (§ 313 SGB III), Auskünfte über Beschäftigungen (§ 315 ABS. 3 SGB III), Auskünfte über den Arbeitsverdienst zum Wohngeldantrag (§23 Abs. 2 Wohngeldgesetz) und Einkommensnachweise zum Elterngeld (§ 2 Abs. 7 Satz 4 und § 9 BEEG) verwendet. In Zukunft sollen dann alle Bescheinigungen der Sozialgesetzbücher (SGB I bis XIII) erfasst werden. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Bescheinigungen für die Justizbehörden mit aufzunehmen. Die Daten werden für eine eventuelle Inanspruchnahme von Sozialleistungen für einen Zeitraum von fünf Jahren gespeichert.
Viele dieser Daten werden auch schon länger erhoben, da sie z.B. die Rentenversicherung zur Berechnung der Renten nutzt. Neu daran ist, dass nicht wie vorher verschiedene Stellen angefragt werden, sondern eine einzige Abfrage ausreicht. Zur Verknüpfung der Daten dient die lebenslange, mit der Geburt zugewiesene Steueridentifikationsnummer. Zu diesem Komplex gehören auch der elektronische Personalausweis sowie die elektronische Gesundheitskarte.
Die transparenten BürgerInnen stehen damit in Begriff, Wirklichkeit zu werden. In Zukunft kann über die Zentrale Speicherstelle schnell auf monatlich aktualisierte Einkommensverhältnisse zugegriffen werden. Und dies ist sicher noch ausbaufähig. Ob Big Sister dem Orwellschen „Großen Bruder“ den Rang abläuft, wird auch daran liegen, inwiefern wir die nächsten beiden Jahre nutzen um einzugreifen. Der Countdown läuft!
Wir werden in dieser Zeitung über die weitere Entwicklung berichten. Mehr Informationen bereits in dieser Ausgabe unter der Rubrik „Der große Bruder“.