Vom Widerstand zur Revolution

Widerstandsgruppe der Résistance

Es war eine Tragödie griechischen Ausmaßes, die in den 1930ern mit dem Faschismus über Europa hereingebrochen ist. Hunderttausende mussten vor der „nationalen Revolution“ flüchten. Der Blitzkrieg der Nazi-Armeen ließ die Zahl der Flüchtlinge nochmals in die Höhe schnellen. So war denn die Fluchthilfe der erste Schwerpunkt des antifaschistischen Widerstands nach der französischen Niederlage im Sommer 1940. Besonders in der Anfangszeit waren es eigenständige Gruppen, die in einem losen, aber zielführenden Netzwerk der „Résistance“ agierten.

Eine dieser Gruppen war das „Réseau Ponzan“, benannt nach einem Mitglied der anarchosyndikalistischen CNT. Für ihn und seine GenossInnen war der Kampf gegen den Faschismus auch nach dem anti-franquistischen Rückzug von 1939 noch nicht beendet. Die Gruppe hilft Tausenden Flüchtlingen in beiden Richtungen über die französisch-spanische Grenze. Später schließt sie sich auch formell der Résistance an und arbeitet direkt mit den Alliierten zusammen. Ponzan, der sich bereits an der sozialen Revolution in Aragonien beteilig hatte, wird schließlich verhaftet und findet in einem Massaker den Tod.

Innerer Widerstand regte sich auch im besetzten, nördlichen Teil Frankreichs. Noch im Jahr des deutschen Sieges, 1940, kommt es in Paris zu Demonstrationen von Erwerbslosen und zu Lohnstreiks. Das Nazi-Regime verhaftet daraufhin 63 GewerkschafterInnen und richtet sie 1941 hin. Die illegalen Gewerkschaftsstrukturen aber bestehen weiter. So fieberten bspw. die ArbeiterInnen in Paris und Marseille der militärischen Befreiung Ende August mit teils bewaffneten Generalstreiks und Sabotageakten entgegen. Bereits zwei Wochen zuvor, am 11. August 1944, hatten die Eisenbahner im Pariser Umland einen Streik begonnen, der sich schnell ausbreitete.

Im Verlauf der deutschen Besatzung war die Résistance, seit 1943 mit starken Zentralisierungstendenzen, auf etwa 800.000 Menschen angewachsen. Jenseits des Rheins wird diese Auseinandersetzung mit dem Nazi- und Vichy-Regime auch als „Bürgerkrieg“ begriffen. Stand anfangs die Fluchthilfe im Vordergrund, wurde diese mit der Zeit zum schlichten Bestandteil einer ganzen Logistik. Zu dieser Struktur gehörte, neben dem Radio, auch eine Untergrund-Presse mit mehr als 1.000 Zeitungen. Ab 1942, mit dem Pflichtarbeitsdienst für die deutsche Kriegswirtschaft, sammelten sich ArbeiterInnen und Aufständische in unzugänglichen Regionen, dem Maquis, und bewaffneten sich.

Die Résistance diente, wenn auch in ihrer Bedeutung durchaus umstritten, den alliierten Streitkräften zur Aufklärung und für Guerilla-Aktionen. Sabotage spielte hier eine wichtige Rolle; allein im ersten Quartal 1944 legten ArbeiterInnen über 800 Lokomotiven lahm.

Die Hoffnung vieler Aktivisten, vom Widerstand zur Revolution überzugehen, zerstob 1944 jedoch angesichts der militärischen und politischen Realitäten. Das vom Conseil national de la Résistance ausgearbeitete Programm für die IV. Republik bildete, unter Federführung de Gaulle’s, die Grundlage eines fordistisch fundierten Nachkriegskonsenses in Frankreich. So wird das Streikrecht als Grundrecht in der Verfassung verankert, Betriebsräte und Sozialversicherung werden aufgebaut, das Frauenwahlrecht eingeführt und Monopolunternehmen verstaatlicht. Während die Résistance zum Staatsmythos avancierte, machten sich nicht wenige der wirklich beteiligten, die verbliebenen AnarchosyndikalistInnen, an den Aufbau einer unabhängigen Gewerkschaft in Frankreich – nach dem großen spanischen Vorbild CNT benannt. Heute übrigens steht der Präsident Sarkozy unter dem Verdacht, diesen Nachkriegskonsens aufgekündigt zu haben, etwa mit der Einschränkung des Streikrechts im Öffentlichen Dienst (2003). Wenn sich dagegen auch massenhaft Protest regte, der Widerstand blieb seltsam ratlos.

Die Direkte Aktion berichtete: „Hommage an das spanische Exil“, DA Nr. 192, und „Ankerlos“ und „Horizontaler Weitblick“, DA Nr. 177.

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