Am 17. Februar fand in Belgrad der Auftakt des Prozesses gegen die Belgrade 6 statt. Fünf der sechs Angeklagten sind Mitglieder der Anarchosyndikalistischen Initiative (ASI-IAA). Ihnen wird vorgeworfen, im August 2009 einen Brandsatz auf die griechische Botschaft in Belgrad geworfen zu haben. Die Anklage lautete auf „Internationalen Terrorismus“, worauf bis zu 15 Jahre Haft stehen. Zum Prozess angereist waren auch zahlreiche internationale BeobachterInnen aus Mitgliedssektionen der IAA wie der CNT (Spanien), der SolFed (Großbritanien), der ZSP (Polen) und der FAU sowie aus libertären Zusammenhängen außerhalb der IAA, so zum Beispiel aus dem Umfeld der osteuropäischen, libertären Zeitschrift „Abolishing the borders from below“.
Zunächst die positive Nachricht: Am Ende des Verhandlungstages konnten alle sechs Inhaftierten das Gefängnis verlassen. Auch wurde die Anklage wegen internationalem Terrorismus fallen gelassen. Bis zum Redaktionsschluss war noch nicht bekannt, wegen welchem Delikt nun gegen die sechs verhandelt werden soll.
Geprägt war der Prozessauftakt von einer massiven Polizeipräsenz. Es gab keinen ausreichenden Platz in dem viel zu kleinen Verhandlungssaal, so dass die meisten der angereisten Beobachter vor dem Saal warten mussten.
Drei internationale BeobachterInnen, die versucht hatten, ein kleines Plakat mit der Aufschrift „Anarchismus ist kein Terrorismus“ an der Tür zum Gerichtssaal mit Klebestreifen zu befestigen, wurden festgenommen. Ihnen wird „Störung des Gerichts“ vorgeworfen. Um eine „Flucht“ zu verhindern, wurden ihre Reisepässe eingezogen und ihnen untersagt, Serbien zu verlassen.
Während des Prozesses erklärten die Anwälte der Gefangenen, dass diese massiv psychisch und physisch unter Druck gesetzt worden seien. Mindestens ein Gefangener wurde gefoltert und dadurch gezwungen, ein Geständnis zu unterschreiben. Dieser Genosse erlitt in den knapp sechs Monaten Haft mehr als dreißig epileptische Anfälle – mehr als in seinem gesamten vorherigen Leben.
Die Staatsanwaltschaft wird ihre Beweisführung voraussichtlich über die durch physische und psychische Folter erzwungenen Aussagen konstruieren. Nach derzeitigen Informationsstand haben bisher zwei der Betroffenen solche Aussagen gegenüber der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder dem Richter gemacht. Die Angaben scheinen sich jedoch erheblich zu widersprechen. Der nächste Prozesstag ist der 23. März. Es bleibt abzuwarten, ob die serbische Justiz mit ihrer Strategie der Kriminalisierung von libertären AktivistInnen schlussendlich Erfolg haben wird. Auch wenn die Freilassung der Belgrade 6 ein Erfolg der internationalen Kampagne darstellt, darf nicht vergessen werden, dass ihnen der serbische Staat schon zum jetzigen Zeitpunkt über fünf Monate die Freiheit genommen hat.
Unsere Leser und Leserinnen fordern wir an dieser Stelle noch einmal auf, sich an den derzeit laufenden Protestmöglichkeiten und an den anstehenden Aktionen zu beteiligen. Aktuelle Informationen finden sich wie immer auf fau.org, oder auf den Seiten der Anarchosyndikalistischen Jugend.
Es wird nach wie vor dringend Geld benötigt, um die Anwaltskosten und die Solidaritätskampagne finanzieren zu können.
Spendet bitte an:
Freie ArbeiterInnen-Union
Konto-Nr.: 961 522 01
Postbank Hamburg (BLZ 200 100 20)
Stichwort: BELGRAD 6
Vorlage für einen englischen Protestbrief auf der Seite der polnischen ZSP-IAA
http://asi.zsp.net.pl/free-the-anarchists/emailpage/
Die beiden vorherigen Artikel zum Thema finden sich unter: